P R O L O G
Als ich 2018 den Jubiläumsgrat als Tagestour absolviert hatte kam ich zum Schluss, dass die Alpspitze nicht auf der eigentlichen Gratlinie liegt, sondern die korrekte Weiterführung der Blassengrat wäre. Da der Jubiläumsgrat in 3h (im Absiteg) gut zu bewältigen war, kam in der Konsequenz die Idee auf, beide Grate zu kombinieren. Wie üblich sollte auch dies vom Tal aus passieren, für den Abstieg würde ich jedoch meinen Kniegelenken zuliebe auf die Bahn zurückgreifen.
Nachdem ich via Youtube gesehen hatte, dass der Jubiläumsgrat am ersten Juli bereits begangen worden war, suchte ich nach einem passenden Wetterfenster und fuhr am Abend des 3. Juli bereits nach Garmisch.
T O U R
Startschuss um 05:02 Uhr am Parkplatz in Hammersbach und nach gemütlichem Warmjoggen geht es direkt steil hinauf Richtung Waldeck und immer weiter dem Weg entlang zur Hochalm auf 1700 m. Beim Lägernlift geht die Sonne auf und das Restaurant Kreuzeck glänzt golden im ersten Tageslicht.
Bald erreiche ich die Hochalm und folge weiter der Forststrasse richtung Bernadeinkopf. Dort lege ich eine kurze Pause ein und montiere bereits den Klettergurt um im Rucksack Platz zu schaffen.
Über die Schöngänge (Klettersteig A) erreiche ich en Sattel unterhalb des Bernadeinkopfes welchen ich von dort in 2 Minuten erreiche. Ich mache direkt kehrt und folge dem teils schwach ausgeprägtem Weg hinab zum Stuibensee. Auf der Wiese unterhalb begrüssen derweil rund 50 Steinböcke den wunderbaren Tag.
Bereits vom Bernadeinkopf konnte der Blassengrat mit dessen Schlüsselstelle gut gesehen werden. Ein wenig mulmig wird mir schon beim Anblick, denn wild schauts aus. Doch wie immer gilt es das Ganze von nahem anzusehen.
Der Stuibensee ist Idylle pur, ein Wunder dass dieser Fleck nicht in jedem Tourismuskatalog abgedruckt ist. Aber Vielleicht ist das auch besser so.
Ohne direkte Wegspur ziehe ich zum schräg nach Osten verlaufenden Band, welches die Aufstiegsroute zum Hohen Gaif markiert. Oberhalb machen mehrere Steinböcke mit Steinen, die den Berg hinunter poltern, auf sich auf sich aufmerksam. Im Band bin ich jedoch gut vor Steinschlag geschützt. Es folgt eine kurze Wiese bevor der Ostgrat beginnt. In leichter, aber oft exponierter Kletterei gewinne ich zügig an Höhe und genau 3 Stunden nach Aufbruch erreiche ich den Gipfel des hohen Gaifs auf 2144m. Der Gipfel sowie der gesamte Grat sind derweil in eine dicke Wattewolke gehüllt. So würde man immerhin den gähnenden Abgrund nicht so sehr wahrnehmen.
Nach 10 Minuten Verpflegungspause wage ich mich vorsichtigen Schrittes weiter. Zunächst 50 Meter absteigend in meist festem Fels, teilweise jedoch hart an der Abbruchkante entlang nach guten Griffen und Tritten suchend. Ich erreiche den Sattel und stehe vor der steilen Wand, welche den Aufstieg zum ersten Turm markiert. Ich zögere ein wenig, komme jedoch zu dem Schluss, dass das Gelände problemlos wieder abkletterbar wäre. Zudem hätte ich Material zum Errichten einer Abseilstelle dabei.
Gutgriffig gewinne ich schnell an Höhe, das letzte 4 Meter hohe Wändchen wird über eine Querung nach Rechts einfach aber sehr exponiert erklommen. Nur wenige Meter später erspähe ich bereits die Abseilstelle. Bevor ich hier nach rechts abklettere mache ich mir noch ein genaueres Bild vom folgenden Gelände indem ich den höchsten Punkt des Turmes erklimme.
Das Band nach der Abseilstelle wirkt von hier arg schmal und brüchig. Im Wissen, dass es nach dem Abseiler kein zurück mehr gibt gehe ich nochmals in mich und studiere Tourenberichte. Alle berichten von einfacherem Gelände nach dem Abseiler und so klettere ich die ersten Meter der Abseilstelle bis zu einer zweiten Abseilstelle an 2 Bohrhaken ab. Das Fixseil hängt immer noch, wie in den Berichten von 2017 beschrieben, doch ist es im unteren Drittel so abgewetzt, dass ich ein Abseilen an Diesem von vorne herein ausschliesse. Ich fädle meine Radline ein, 15 Meter reichen gerade bis in die Scharte, dennoch ist mir nicht wohl dabei, am Seilende über dem Abgrund, nur getrennt durch ein schmales Stück Fels zu stehen. Vorsichtig seile ich 4 Meter ab und erspähe eine weitere Abseilstelle an 2 geschlagenen Haken. 3 ältere Schlingen und Bänder verbinden beide Haken, ein Abseilring ist ebenfalls vorhanden. Da ich kein Messer dabei habe muss ich wohl oder übel auf die Festigkeit dieses Konstruktes vertrauen. Ich hänge mich an und nach kurzem Umfädeln des Seils nähere ich mich Stück für Stück dem sicheren Haken auf der anderen Seite des Turmes. Nach Abzug des Seiles erklimme ich die 4 Meter hohe Wand oberhalb des Hakens, die Gesteinsqualität ist hier äusserst brüchig und mahnt zur Vorsicht. Nachdem ich mein Seil wieder im Rucksack versorgt habe folge ich dem südseitigen Band nach oben, hier ist die Felsqualität wieder gut bis sehr gut, und erklimme am Ende des Bandes rechts die mit gutgriffige Platte (5 Meter vor der weissen Verhauerschlinge). Anschliessend quere ich kurz nordseitig bevor ich über einfache Kletterei die Gratschneide wieder erreiche. In stetem Auf und Ab und ab erreiche ich bald die Blassenspitze und folge dem Grat weiter. Es gilt hier kurz südseitig eine schuttige Rinne abzublättern bevor man den Grat über eine kurze Platte wieder erklettert. Der “gebogene” Grat ist schmal, jedoch gut im Aufrechten Gang zu meistern. Der Fingerähnliche Turm thront nun direkt vor einem und im Gehgelände wird dieser und die nachfolgenden Türme links (südseitig) umgangen. Ám Ende der Türme zieht rechts eine schuttige Rampe mit Wegspuren und Steinmännern nach rechts zum Grat hinauf. Nun folgt man diesem nach oben (Kletterei I-II, diverse Varianten möglich) bis man den Vorgipfel des Hochblassn erreicht. Diverste Türme werden anschliessend überklettert, 2 aufeinanderfolgende weisen Abseilstellen auf, können jedoch auch abgeklettert werden. Bei einem Steilabbruch mit wiederrum 2 Abseilstellen klettere ich vorsichtig nordseitig ab und erreiche nach einer Querung auf einem Band eine kleine Scharte und nachfolgend in wenigen Minuten den Gipfel des Hochblassen. Die Uhr zeigt exakt 6h ab Aufbruch an.
Nach kurzer Pause folge ich dem Grat entlang der Eisenstangen (erst absteigend, dann nach der Scharte wieder aufsteigend) und erreiche nach weniger als 10 Minuten den Signalgipfel. Von diesem geht es kurz absteigend zunächst, dann links entlang Wegspuren und Steinmännern hinab in die Schlucht, in der ein Fixseil hängt. Die Schlucht lässt sich schnell hinabsurfen und nach einer kurzen Querung nach links stehe ich an einem Sattel mit Steinmann. Die ausgetretene Wegspur des Jubiläumsgrates erscheint nah, doch laut Beschreibungen ist diese nicht direkt über die Gratschneide erreichbar. Ich steige südseitig etwas ab und in schuttigem Gelände quere ich nach rechts. Sehr vereinzelte Steinmänner bestätigen, dass ich den richtigen Weg eingeschlagen habe, dennoch braucht es schon ein gutes alpines Gespür. Plötzlich tut sich rechts eine kleine Schlucht auf und durch diese Durchschlupf erreiche ich den Normalweg des Jubiläumsgrates. Für den Abstieg vom Hochblassen bis dorthin hatte ich 15 Minuten benötigt.
Der folgende Jubiläumsgrat ist nun mehrheitlich Auslaufen nach dem Blassengrat. Dank der Seile komme ich schnell voran, allerdings wären Klettersteighandschuhe angenehm gewesen. Das ewige entlanghangeln bergauf und bergab strapaziert die Hände deutlich. Nach kurzer Pause beim Biwak erreiche ich bald ich die vordere Höllentalspitze wähne mich bereits am Gipfel der Zugspitze, doch der letzte Teil zieht sich stark in die Länge, denn von der vorderen Höllentalspitze sind es immer noch über 2 km. Zudem wird der Jubiläumsgrat zum Ende hin immer alpiner und fordert stetig hohe Konzentration. Das Gelände ich nicht schwierig, aber nicht alles ist fest und gerade die Abkletterpassage erfordern umsichtiges Steigen. Nach exakt 10h erreiche ich die Zugspitze und geniesse die Aussicht, Ruhe sucht man hier bekanntermassen vergeblich. Bald mache ich mich auf den Weg zur Aussichtsplattform und gönne mir die obligatorische Radler-Halbe und Brezn.
Meinen Knien zuliebe hatte ich von vorne herein geplant, mit der Bahn nach unten zu fahren. Das Ticket kostet 35 Euro und bringt einem bis nach Hammersbach.
Fazit:
Eine der schönsten Grattouren in Deutschland. Der Jubiläumsgrat ist für mich nur die logische Fortsetzung des Blassengrates und das Bier am Gipfel der Zugspitze sorgt für zusätzliche Motivation. Für beide Grate sollte der 3 Schwierigkeitsgrat sicher und im Schlaf beherrscht werden, und zwar im Auf- wie im Abstieg. Ist dies der Fall, ist es eine reine Genusstour, wenn nicht wird es ein langes Unterfangen und ist sicher nicht als Tagestour machbar, schon gar nicht vom Tal. Für die Abseilstelle wären 35 Meter Seil ausreichend, mit dem Zwischenabseiler reichen 30 oder sogar 20m. Ich hatte leider kein Messer dabei, ansonsten hätte ich das Material erneuert. Die 2 Schlaghaken sind derzeit bombenfest, somit kann man durch Erneuerung der Schlingen auf ein kürzeres Seil zurückgreifen. Tollkühne klettern auch diese Stelle ab, welche prinzipiell den 3 Grad nicht überschreitet, jedoch äusserst exponiert ist.
Wichtig ist das Wassermanagement, denn am Grat gibt es keine Möglichkeit aufzufüllen. Mit 2,5 Litern bin ich einigermassen durchgekommen, 3 Liter wären optimal gewesen. Ich nutze für die Aufbewahrung Softflasks von Salomon, da diese leer keinen Platz wegnehmen im Rucksack.
Materialliste:
Prusikschlinge
4 Meter Reepschnur
1 lange Expressschlinge
2 HMS Karabiner
1 Normalkarabiner
3 unterschiedlich lange Schlingen
3 Riegel
1 Powergel
Sonnencreme
Ultraleichte Wind/Regenhose
1 Wärmejacke
Fotoapparat (Canon 5d Mk IV mit 24-70 f2.8)
GoPro
Route Facts:
18 km, UIAA III, T6