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Kein Zuckerschlecken - Weissmies 4.017m


Offseason? Was ist das? Seit wann kann man keine 4000er mehr besteigen wenn die Hütten zu haben?

Eigentlich wollte ich ja nach dem Gran Paradiso noch den Mont Blanc besteigen. Die Neuschneemengen von über einem Meter innert der letzten 2 Wochen, der kräftige Wind sowie die 2 verunglückten Bergsteiger am 3 und 4 Oktober im Grand Colouir liessen mich diesen Plan rasch verwerfen. Der Berg würde nicht weglaufen und sowohl Mont Blanc als auch die Dufourspitze wollte ich so oder so lieber mit Ski besteigen.

Whats next?

Meine beiden Kollegen waren extra aus München angereist, meinen Vorschlag einen oder zwei gemütliche Gipfel im Aostatal bei Pasta und Wein zu besteigen quittierten sie lediglich mit einem müden Lächeln. Ein 4000er sollte es sein, wenn sie Bitteschön schon extra hierher gekurvt waren. Nach kurzem Überlegen kam mir das Weissmies in den Sinn, welches man in einfacher Kletterei über den Südgrat erklettern kann. Die Wettervorhersage versprach für den Anreisetag noch Sturmböen bei Sonnenschein, für den Samstag dann perfektes Wetter bei wenig Wind.

Am Ausgangspunkt angekommen hiess es packen. Das Internet gab leider keine Informationen über die Ausstattung des Winterraumes der Almagellerhütte her. Und von anderen Hütten wusste ich, dass von 5 Sterne Ausstattung bis zum modrigen Schuhraum ohne Bett und Ofen alles möglich war. Kurzum, Vollausstattung war angesagt. Kocher, Topf, Schlafsack und Essen für 2 Tage blähten die Rucksäcken zur Grösse eines Heissluftballons auf. Nix mit Fast and light, Fat and Slow war das Motto...

Begegnungen

Der Aufstieg ins schöne Almagellertal war kurzweilig, nach der Almagelleralp legte ich eine Zahn zu, da der nahende Sonnenuntergang mutmasslich das Wasser zum frieren bringen würde und Schnee weit und breit keiner in Sicht war. Im vollen Tunnel marschierend erschrak ich ursinnig, als plötzlich einen Meter vor mir ein ausgewachsner Steinbock stand.

Er offensichtlich auch ein wenig, aber er bewegte sich lediglich ein paar Meter abseits des Wanderweges und schaute mich verdutzt an. "Hey, die Saison ist vorbei, hast du nicht gehört?"

In der Folge wanderte mein Blick Richtung Himmel und die aufziehende schwarze Front passte irgendwie nicht zu dem Bild das mir der Wetterbericht vorgegaukelt hatte. Die Mischabelgruppe wurde unterdessen von einer schwarzen Wolke eingehüllt. Bei kräftigem Westwind war klar wohin die Reise der Wolken gehen würde.

Jetzt aber Schnell...

Im Eiltempo erreichte ich die Hütte, irrte ein wenig umher und fand am Ende den Winterraum. Eine kleine Hütte, Mischabel-Blick stand auf einem Holzschild oberhalb der Tür. Davon konnte ich im Moment herzlich wenig sehen. Eilig packte ich die zum Glück vorhandenen Töpfe und rannte hinab zum letzten fliessenden Wasser 50 Meter unterhalb der Hütte. Während ich Wasser schöpfte trudelten auch Julius und Mark ein und zusammen schafften wir das kostbare Nass in die trockenen 4 Wände.

Petrus hatte sich langsam aufgewärmt und präsentierte uns den Wind in böiger Form mit bis zu 70 Stundenkilometern...

Wenig später setzte Schneefall ein. Das würde wieder ein Abenteuer werden. Wie war das noch mit, die Saison ist vorbei. So viel zu sonniger Tag mit hohen Windgeschwindigkeiten in der Höhe...

Nachdem das Feuer entfacht war verflog die Erinnerung an das Wetter rasch, lediglich der Klang des Blechdaches vom Wind gepeitscht erinnerte an die widrigen Wetterverhältnisse ausserhalb der Hütte.

Gegen 7 kamen noch 2 andere Berggänger auf die Hütte. Wir waren gerade beim Hauptgang unseres Hüttenmenüs angekommen, italienische Pasta mit frischer Tomatensauce. Selbst Weissbier einer walliser Brauerei hatten wir hinaufgehievt.

Gegen 21:00 Uhr flachte der Wind langsam ab und bei sternenklarer Nacht offenbarte sich eine fantastische Sicht zur Mischabelgruppe.

Powdermies

04:15 Uhr. Der Wecker klingelt schon wieder und es wird Zeit, nachzusehen wieviel Zucker Petrus auf den Weg gestreut hat. Punkt 05:00 Uhr treten wir in die klare Nacht, der Schnee knirscht unter den Füssen während wir uns langsam hinauf zum Zwischenbergpass bewegen. Oben angekommen zeigt sich ein fantastischer Blick nach Italien. In der Ferne leuchtet Varese hell am Horizont.

Nach kurzer Pause ging es weiter, zunächst über schneebedecktes Blockgelände, später auf langsam sich zuspitzendem Grat bei wunderbarer Lichtstimmung der Blauen Stunde.

Gegen die Sonne

Als sich langsam immer mehr das rote am Horizont abzeichnete wurde das Vorwärtskommen mühsamer. Die Lockerschneeauflage führte dazu dass ich für einen Schritt vorwärts 3 machte und die Höhe machte mir mehr zu schaffen als vermutet. Auf etwa 3750 m begann dann das Spektakel, weswegen wir uns frühmorgens aus den Federn geschält hatten. Ein fantastisches Feuerwerk das nicht vieler Worte bedarf.

Der weitere Gratverlauf war bald geschafft und der Punkt 3929 erreicht. Hier hiess es Steigeisen montieren und genüsslich die letzten Meter auf formschönen Firngraten zu spazieren.

Wind-Mies

Nach insgesamt 3:40 h erreichte ich den Gipfel, dieser empfing mich herzlich stürmisch mit grossartigem Weitblick. Nach zweifachem Drücken auf den Auslöser musste die Daunenjacke her. Getreu dem Motto "Daune macht Laune" welches mich mehr oder minder die gesamten letzten 3 Wochen begleitet hatte.

Nach 20 Minuten kamen auch meine Kollegen dem Gipfel entgegen und komplettierten den perfekten Shot vom Gipfel!

Der Gipfelerfolg wurde aufgrund der leichten Brise nur kurz gefeiert...

Zum Glück fand sich nur ein kurzes Stück weiter ein perfekter Platz fürs (windstille) Sonnenbad...

Welch ein grossartiger Abschluss einer Tour durch die Alpen über 3 Wochen! Ein solides Abenteuer! Thanks for joining!

Fazit: Der Weissmies ist vielleicht ein leichter 4000er, die Besteigung über den Südgrat aber sehr lohnend. Aber auch hier ist im Sommer Karnevalsstimmung vorprogrammiert, deswegen bietet sich die Nebensaison dafür perfekt an. Der Winterraum der Almagellerhütte ist ein Juwel und der Grat ist auch schneebedeckt sicher im Auf- wie Abstieg zu bewältigen. Gerne hätten wir den Triftgrat in Angriff genommen, aus Zeitgründen nahmen wir mit dem Südgrat im Auf- und Abstieg vorlieb. Der Triftgrat ist eine lohnende Alternative, wer ihn als gesamtes überschreiten will, plant das Ganze meiner Meinung nach besser im Sommer als Tagestour (Information gibt es hier) in Trailrunningmanier.


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