Nach unserem missglückten Versuch am 15. Mai 2019 (Bächli Blog und Vimeo) wollten wir dieses Mal mit besserer Vorbereitung einen neuen Versuch starten. Mit dem Rimpfischhorn hatten wir am 31. Mai bereits die 4000er Marke deutlich überschritten und mit der vorangegangenen Nacht auf der Täschhütte sollte die Akklimatisation ausreichend sein. Gemäß den Hüttenwirt der Grand Mulets Hütte seien die Verhältnisse ideal, somit blieb als letztes Fragezeichen nur das Wetter.
Die Vorhersage versprach diesmal praktisch keinen Wind in Gipfelbereich, jedoch sehr warme Temperaturen bereits in der Nacht. Nach kurzem hin und her überlegen ob der daraus resultierenden Gefahren beschlossen wir im Konsens, die Tour durchzuführen, verlegten den Start jedoch um 1 Stunde vor auf 02:00 Uhr. Als absolute Deadline Für die Abfahrt setzten wir 10:00 Uhr fest. Somit blieben uns 8 Stunden Um den Gipfel zu erreichen, oberstes Ziel würde sein, die Jonction vor 11:00 Uhr zu passieren.
A U F G E H T S
Nach kurzer Nacht trafen wir uns um ein Uhr fünfundvierzig am Parkplatz LE CERRO beim nördlichen Tunnelportal. Nach kurzem Material Check und dem obligatorischen Beweis Foto Sind wir um 1:57 Uhr bei 13 Grad (plus) gestartet.
Über den gut angelegten Wanderweg erreichen wir nach knapp 30 Minuten La Para und nach 50 Minuten die Schneegrenze auf knapp 2000 m. Ob der warmen Temperaturen war dies eine schweisstreibende Angelegenheit gewesen, mein T-Shirt konnte ich auswinden. Nachdem das Schuhwerk gewechselt war stiegen wir diesmal direkt auf die Ski und folgten einer gut angelegten Spur hinauf zur alten Bergstation auf 2400m. Im Gegensatz zum ersten Versuch querten wir hier direkt Nach rechts die Höhe haltend Richtung La Jonction und ersparten uns damit 100 zusätzliche Höhenmeter mit damit verbundenen abrutschen dergleichen.
Aufgrund der warmen Temperaturen war der Schnee bereits um 3:00 Uhr Nachts perfekt aufgefirnt, daher entschieden wir uns die Jonction angeseilt zu queren. Der frühe Start war also in jedem Fall gerechtfertigt, mit der tageszeitlichen Erwärmung würde die Gefahr für Gleitschneelawinen sowie für Spaltenstürze immens zunehmen.
Die Querung der Jonction gelang dank guter Spur problemlos, die Eisberge welche man passiert sind jedoch in der finsteren Nacht noch eindrücklicher. Nach 2 Stunden hatten wir die erste Crux hinter uns und bald verschwand das Seil wieder im Rucksack und mit Harscheisen zogen wir hinauf Richtung Grand Mulets Hütte welche wir nach 3:10 h erreichten.
Die Morgenstimmung war magisch und nach kurzer Verpflegungspause folgten wir der guten Spur Richtung Petit Plateau. Trotz der erhöhten Eisschlaggefahr hatten wir uns für die Route über die Plateaus und gegen den (ebenfalls gespurten) Nordgrat des Dome du Gouter entschieden. Das Risiko für Eisschlag erschien uns bei der aktuellen Spuranlage (welche wir von vor 2 Wochen kannten) und der Tageszeit als vertretbar, obschon wir eine gute Pace hatten und uns nur kurz in der akuten Falllinie der Seracs befinden würden.
Nach 4 Stunden 40 erreicht in wir das Grand Plateau und somit die 4000er Grenze. Die Seracs hatten uns ohne jede Regung passieren lassen. Alex hatte hier bereits einige Minuten auf mich warten müssen, Tim war bereits deutlich weiter zurückgefallen. Als er endlich in Sichtweite kam teilte Alex ihm Mit, entweder einen Zahn zu zulegen oder im Vallot Biwak zu warten. Diese harsche Ansage sollte bei Tim ungeahnte Reserven Mobilisieren und auf dem Weg zum Vallot Biwak konnte er teilweise fast zu uns aufschliessen.
Nach 5:45 erreichten wir die Wechselzone kurz unterhalb des Biwaks. Nachdem wir die Steigeisen montiert und die Ski aufgebunden hatten machten wir uns direkt auf den Weiterweg zum Biwak das genau nach 6h erreicht wurde. Lange hielten wir uns nicht auf sondern machten uns direkt auf den Weiterweg.
Vom Vallot Biwak scheint der Gipfel nah, doch es sind NOCH 450 Höhenmeter, welche es noch aufstehen zum Teil schmalen und ästhetischen Bossesgrat zu absolvieren gilt. Die Spur gleicht einer Autobahn, zum Teil gibt es sogar zwei nebeneinander verlaufende Spuren. Somit ist es mehrheitlich gut möglich, andere Seilschaften, welche sich im Everest-Tempo nach oben quälen zu überholen. Immer wieder geht es einige Höhenmeter auf dem Grat hinab bevor der nächste Gegenanstieg folgt.
Ich fühle mich gut, muss jedoch auch regelmäßig pausieren ob der dünnen Luft auf Über 4500 m. Der Höhenmesser ist dabei mein steter Motivationsschub, Ich zähle jeden Höhenmeter rückwärts, den es noch zu gehen gilt. Als ich über die letzte Schneekuppe steige und den Gipfel erblicke Gibt es kein Halten der Endorphine mehr. Ich renne Alex entgegen der kurz vor mir den Gipfel erreicht hatte. Ich kann die Tränen nicht zurückhalten, zu bewegend ist dieser Moment. Ein Traum, das ich eine ganze Saison verfolgt hatte, den Mont Blanc in einem Zug zu besteigen geht in diesem Moment in Erfüllung.
Bald kommt auch Tim auf den Gipfel und nach insgesamt 30 Minuten auf dem Gipfel machen wir uns um kurz nach halb 10 an die Abfahrt durch die Nordflanke.
Oben geniessen wir immer wieder Pulverschnee, auf 4500m steilt die Flanke deutlich auf und gesprungen manövrieren wir durch die meterhohen Seracs bis die Flanke auf 4200m langsam flacher wird. Auch hier gilt es stets die Augen offen zu halten, hinter der einen oder anderen Schneekuppe versteckt sich von mal zu mal eine grosse Spalte. Ab dem Grand Plateau vermiesen die zahllosen Spurrillen den Fahrspass immens, mehr Qual als Genuss ist die Abfahrt hinab zu Hütte, immerhin ist die Anstrengung ab 3500m erträglich und so wird gerutscht und geflucht bis wir endlich unterhalb der Hütte einen Hauch von Auffirnen feststellen. Die Jonction passieren wir dieses mal ohne Seil, im mittleren Drittel haben sich bereits einige Spalten geöffnet, doch noch sind diese problemlos zu passieren.
Der weg zur alten Bahnstation ist dann Sumpfskifahren vom feinsten und nach kurzem Fussmarsch cruisten wir zügig hinab zum Schuhdepot. Der dortige Baum war derweil festlich geschmückt wie an Weihnachten…
Flinken Fusses ging es dann hinab zum Tunnelportal wo sich unsere Wege trennten. Ich wollte noch hinab bis Chamonix laufen und die Tour somit wirklich am Talort enden.
Fazit:
Eine grossartige Skitour, wenn auch konditionell fordernd. Mit entsprechender Akklimatisation hält sich der Kampf aber in Grenzen. Wichtig ist es, sich einen guten ungefähren und realistischen Zeitplan zurechtzulegen. Je nach Temperatur ist eine späteste Abfahrtszeit zwingend. Wir passierten die Jonction um halb 11 und dies war ob der Temperaturen noch vertretbar. Jede Minute später bedeutet definitiv deutlich mehr Risiko.
Das schöne an der Tour ist, dass sie kaum Flachpassagen aufweist, 3600hm auf etwas mehr als 15km sind für mich deutlich angenehmer als 200hm auf 20km.
Route Facts:
3600hm, 33km, WS
Ausrüstungsliste: